Parl. Staatssekretärin Anette Kramme diskutiert auf Einladung von Ulrike Bahr, MdB, in Augsburg mit Experten aus der Praxis über aktuelle Herausforderungen für die Arbeitswelt und wie wir diesen begegnen können.
„Die Zukunft ist jetzt – und wir müssen sie aktiv gestalten!“ Mit diesen Worten lässt sich das Fachgespräch zum Thema „Transformation – die Arbeitswelt von morgen“ treffend zusammenfassen. Auf Einladung der Augsburger Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr kamen Experten aus der Praxis zusammen, um sich darüber auszutauschen: Silke Klos-Pöllinger (DGB), Wolfgang Haschner (IHK), Elsa Koller-Knedlik (Agentur für Arbeit) und Volker Zimmermann (hwk). Anlass für dieses Gespräch war der Besuch der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, in Schwaben. Mit dabei waren zudem einige Vertreter:innen Augsburger Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte.
Bei ihrem kurzen Impuls als Einstieg in die Diskussion ging Kramme auf die aktuellen Krisen ein und was diese für Unternehmen wie auch Arbeitnehmer:innen bedeuten. Sie geht davon aus, dass im Herbst/Winter wieder eine neue Welle bevorstehen wird und die Menschen – auch ohne staatliche Einschränkungen – darauf reagieren werden. „Unser Prozess des Fertigwerdens mit diesem Corona-Virus wird mit Sicherheit noch einige Zeit dauern, solange wir nicht einen global wirkenden Impfstoff gegen alle Varianten haben oder ein Medikament, das die Wende bringt“, meinte die parlamentarische Staatssekretärin. Insgesamt habe der Staat bereits über 400 Mrd. Euro für die Abfederung der Auswirkungen ausgegeben. „Dadurch sind Arbeitsplätze erhalten und Betriebe am Leben gehalten worden.“ Am Arbeitsmarkt sind daher bislang auch keine Auswirkungen zu spüren. Der Krieg in der Ukraine führe nun aber zu weiteren Schwierigkeiten wie dem Abbruch von Lieferketten und den stark ansteigenden Energiepreisen. Laut IHK-Konjunkturumfrage sind dies die Themen, die die Betriebe aktuell am meisten beschäftigen, berichtete Wolfgang Haschner (IHK).
Daneben ist eines der dringenden Themen, das allen unter den Nägeln brennt, der Fachkräftemangel. Anette Kramme ging sogar einen Schritt weiter und benannte ein generelles Arbeitskräfteproblem. Elsa Koller-Knedlik, Chefin der Arbeitsagentur, unterstützte diese These: „Wir haben in Augsburg erstmals mehr Stellenangebote als Arbeitslose im Versicherungsbereich.“ Dies sei ein begrenzender Faktor für das Wirtschaftswachstum in Deutschland und ohne eine geregelte Einwanderung nicht lösbar. „Es kommen bereits qualifizierte Menschen ins Land, aber die Anerkennung ihrer Qualifizierung ist nicht einfach“, ergänzte Angela Steinecker von der IG Metall. Darüber hinaus entstehen durch den Mangel bei den Beschäftigten zurzeit hohe Belastungen, vor allem in Pflegeberufen. „Wir müssen etwas tun, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern“, forderte Erdem Altinisik von Ver.di. Gut bezahlt, sozial versichert und unbefristet, so sehen aus Sicht des DGB moderne und gute Arbeitsplätze aus, die auch zukunftsträchtig sind. Der Mensch muss dabei immer im Fokus stehen, meint Silke Klos-Pöllinger. Volker Zimmermann (hwk) ergänzte, dass der Arbeitsmarkt inzwischen Arbeitnehmer:innen-getrieben sei. Es beobachte eine zunehmende Wechselbereitschaft. Daher müssen sich die Firmen stärker um die Arbeitskräfte bemühen.
Zwei Wortmeldungen aus dem Publikum (CAB und Hotel Einsmehr) brachten das Thema Inklusion in die Debatte ein. Denn auch Menschen mit Beeinträchtigungen seien Arbeitskräfte, die man besser in den Arbeitsmarkt integrieren könne. Dafür sind vor allem Teilausbildungen und Zertifizierungen wichtig. Überhaupt sei das Thema Bildung ein ganz zentrales, führte Koller-Knedlik weiter aus. „Und zwar in allen Facetten, die wir haben.“ Während früher eine Ausbildung noch für das ganze Leben hielt, schütze sie heute nicht mehr vor Arbeitslosigkeit. Berufe und Inhalte sind stetig im Wandel, was wiederum zu anderen Bedarfen führt. Mitarbeiter:innen müssen mit der Zeit gehen und sich darauf einstellen. In Augsburg werde hierfür schon viel getan, betonte die Chefin der Arbeitsagentur. Marco Ströer von der IG BCE wies darauf hin, dass viele Mitarbeiter:innen zu Fortbildungen bereit wären, aber keine bekommen. Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, Beschäftigte lange dafür freizustellen. Zimmermann (hwk) plädierte dafür, bei den kleinen Firmen für Fortbildungen zu werben, um sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. „Die Transformation kann letztlich nur gelingen, wenn wir alle an einem Strang ziehen und die gesamte Gesellschaft dafür sensibilisieren“, ergänzte Klos-Pöllinger. Haschner sieht hier unter anderem das Regionalmarketing gefordert. Anette Kramme und Ulrike Bahr stellten in diesem Zusammenhang einige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag vor, wie das Qualifizierungsgeld, die Bildungsteilzeit nach österreichischem Vorbild oder Bildungszuschläge im Rahmen der Einführung des Bürgergeldes. Zudem soll es künftig eine Plattform geben, die verschiedene Weiterbildungsangebote sowie mögliche Fördermittel übersichtlich zusammenbringt.