Bereits zum dritten Mal trafen sich rund 60 Fachleute aus ganz Bayern am 2. Mai 2019 auf Einladung von Ulrike Bahr, MdB, um auf einer Fachkonferenz über die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe zu sprechen. Ulrike Bahr informierte einleitend über den laufenden Reform- und Dialogprozess, der in vielfältigen Formaten Träger, Jugendämter und Betroffene beteiligt und einbindet.
Gleichzeitig macht der enge Zeitplan den Prozess zu einer Herausforderung für alle Beteiligten. Auf der Webseite www.mitreden-mitgestalten.de sind für jedes Thema immer nur kurze Zeitfenster vorgesehen und auch die wissenschaftliche Begleitforschung arbeitet unter großen Druck. In ihrem Kommentar aus Sicht der Wissenschaft und der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) betonte Professor Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der AGJ, die sehr schwierigen Bedingungen und den kaum vertretbaren Zeit- und Arbeitsaufwand, den der Prozess allen abverlangt. Die Qualität werde darunter leiden. Als sehr positiv sieht sie es allerdings, dass die Fachverbände der Kinder- und Jugendhilfe sich koordinieren und mit einer Stimme sprechen. Konsens gibt es inzwischen auch mit der Behindertenhilfe: Aus fachlicher Sicht sind sich alle einig, dass die Inklusive Lösung – im Sinne einer Kinder- und Jugendhilfe für alle – kommen muss. Ein gangbarer Weg wäre es vielleicht, mit Modellregionen für eine inklusive Jugendhilfe zu beginnen. In der Diskussion zum Reformprozess bedauerte Dr. Christian Lüders vom DJI, dass die Fragen der Ganztagsbetreuung von Grundschülern aus dem Reformprozess ausgeklammert sind. Dabei, so Lüders, wäre ein eigener neuer Abschnitt im Sozialgesetzbuch VIII angezeigt mit dem Titel „Jugendhilfe und Schule“. In einem zweiten Teil befasste sich die Fachkonferenz wie schon in den Vorjahren mit Ombudschaft für die Kinder- und Jugendhilfe. Frau Professor Dr. Nicole Rosenbauer von der Evangelischen Hochschule Dresden beleuchtete zunächst in einem Grundsatzreferat die Bedeutung von Unabhängigkeit in der Ombudschaft. Unabhängigkeit ist mehr als Weisungsfreiheit, muss personell, finanziell und strukturell vollzogen werden und ist damit eine große Herausforderung bei der Umsetzung. Für den Verein „Unabhängige Ombudsstelle für die Kinder- und Jugendhilfe in Bayern e.V.“ fasste die Vorsitzende Beate Frank die Meilensteine zusammen, vom Runden Tisch „Heimerziehung“ 2010 bis zu den Beschlüssen des Landesjugendhilfeausschusses zu einem Ombudschaftswesen in Bayern 2018 und den jüngsten Diskussionen im Sozialausschuss. Es schloss sich eine kontroverse Diskussion um Bedarfe und Zuständigkeiten, um pragmatische Lösungen, Finanzierung und ihre Umsetzung in Bayern an. Wir dürfen gespannt sein, ob und wie die angedachten Modellstandorte für Ombudschaft in Bayern demnächst starten werden. Abschließend betonten die Teilnehmenden und die Referentinnen nochmals, dass ein regelmäßiger regionaler Austausch aller Akteure, mit öffentlichen und freien Trägern, mit Politik und Wissenschaft sehr hilft, vertrauensvoll und konstruktiv miteinander an guten Lösungen für die Kinder- und Jugendhilfe zu arbeiten.