Jung, erfolgreich, Plasmion: Mit der elektronischen Nase vorn

22. Februar 2019

Was bisher Stunden gedauert hat, passiert jetzt in wenigen Sekunden. Es ist eine starke Erfindung, die der junge Chemiker Dr. Jan-Christoph Wolf gemacht hat: eine Messsonde für die direkte Messung von flüchtigen Substanzen, welche wie eine Art elektronische Nase funktioniert.

Mit seiner Idee, seinem Bruder Dr. Thomas Wolf und dem dritten Chemiker Dr. Klaus Wutz hat er sich vor drei Jahren selbständig gemacht. Gemeinsam haben sie das Startup-Unternehmen Plasmion gegründet. Ihr Produkt, der „SICRIT“-Sensor, wird in den Analyselaboren als Modul auf Massenspektrometer aufgesetzt und ermöglicht dadurch die Echtzeit-Analyse aller Moleküle, die zum Beispiel im Aroma einer Kaffeebohne enthalten sind. Kennengelernt hat die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr die jungen Gründer auf dem Hightech-Gründerforum in Berlin, hatte aber nicht genügend Zeit für ein längeres Gespräch. Dies wurde jetzt bei einem Besuch bei Plasmion im Gewerbegebiet von Augsburg-Lechhausen nachgeholt. Sehr geholfen hat den jungen Leuten das EXIST-Förderstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi), das auch mit EU-Geld gefördert wird. Zu dritt bekamen sie für ein Jahr 130.000 Euro. „Ohne dieses Stipendium hätten wir es nicht geschafft“, erzählte Wolf. In Augsburg gelandet sind die drei Gründer, weil einer von ihnen hier gewohnt hat und überraschenderweise hier die richtige Infrastruktur vorhanden war. Während des Stipendiums hatten sie noch an der Technischen Universität München ein Labor. Nachdem sie nun einige Investoren gefunden haben, sind sie nun auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, was allerdings nicht ganz einfach ist, weil es Spezialisten sein müssen – im Idealfall haben sie Abschlüsse in Chemie und Informatik. In der globalen Laborszene hat es sich wohl schon rumgesprochen, welche besondere Neuheit Plasmion entwickelt hat. Über Labordistributoren wird ihr „SICRIT“-Sensor bereits nach Australien, Japan, Schweiz oder ins europäische Ausland verkauft. „Wir sind schon stolz, dass sich unser Hightech-Produkt mit dem Silicon Valley messen kann“, so Wolf. Aktuell arbeiten die drei an einem transportablen Modul, das dann überall hingebracht werden kann, wo man Luft oder Gase analysieren will, egal ob im menschlichen Atem, in Abgasen, beim Sprengstoff-Erschnüffeln oder bei Pestiziden im Boden. In Deutschland sei die Situation für junge Wissenschaftler, die ein Unternehmen gründen wollten, schwierig, berichtete Wolf. Startups hätten in der Regel weder Geld für Personal, Equipment oder für Raum. Vor allem aber begegne man ihnen ganz grundsätzlich mit Skepsis. „In Deutschland bekommen Gründer z.B. kaum einen Kredit von der Bank, weil diese das Risiko scheuen. Und mit Investoren kauft man sich unter Umständen mehr Fremdbestimmung mit ein“. Als Gründer gehe man daher privat „immer finanziell volles Risiko“. Neuen Mitarbeitern könne man noch kein gutes Gehalt zahlen. „In den USA läuft das genau andersrum: Startups kommen dort in der Regel deutlich einfacher an Risikokapital und können dann unter Umständen mehr Gehalt zahlen als die Hightech-Konzerne, um an die besten Köpfe zu kommen. „Ich bin der Meinung, dass die Politik von Startups etwas lernen kann“, sagte der junge Unternehmer. „Insbesondere den Mut und die Entschlossenheit auch langjährig etablierte Strukturen nicht nur stückweise zu verbessern, sondern auch komplett neue disruptive Lösungsansätze zu suchen.“ Für Ihn sind die Reformen nicht weitreichend genug – diese fehlende Zukunftsperspektive führe dann zu Politikverdrossenheit. Stattdessen seien nachhaltige langfristige Ideen und Konzepte gefordert. Ulrike Bahr stimmte Wolf zu, als dieser die Zentralisierung der Bildung in Deutschland forderte. „Gerade im Wissenschaftsbereich sollte Deutschland sich doch als Einheit sehen, aktuell sind die Hochschulen meist in Länderhand – und für jedes Bundesland gelten da andere Richtlinien“. Weiterhin unterhielten sich Bahr und Wolf über die mögliche zusätzliche Finanzierung der Wissenschaft durch Unternehmen, wenn diese z.B. Hochschulen mitfinanzierten, die Ressource Wissen und Know-How in Deutschland und die Verkehrswende.. „Ich bewundere Ihren Mut und Ihre Zielstrebigkeit“, resümierte Bahr. Die Anregungen von Wolf werde sie gerne ins politische Berlin mitnehmen – vor allem auch in den Bildungsausschuss, in dem Bahr seit kurzem Mitglied ist.