Wer ein Kind bekommt und davor noch keine Ausbildung machen konnte, für den kann die Teilzeit-Ausbildung eine Lösung sein, Familie und Beruf gut miteinander zu vereinen. Bereits seit 2005 gibt es diese Möglichkeit, wird aber immer noch zu selten angeboten. Für eine Teilzeitausbildung kann die tägliche Ausbildungszeit reduziert werden, was je nach Dauer dann die gesamte Ausbildungsdauer verlängern kann.
Im Rahmen ihrer Schwabentour zu familienfreundlichen Unternehmen war die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr mit der Memminger Bezirksrätin Petra Beer im tief verschneiten Legau. Der Ort hat rund 3.000 Einwohner, aber 50 (!) Ortsteile, die zum Teil aus kleinen Weilern bestehen. Im Zentrum von Legau steht seit 1870 eine Bäckerei, die in sechster Generation von Familie Landerer betrieben wird. Der Bäckermeister Günther Landerer hat zwölf Mitarbeiter und bietet einen Ausbildungsplatz in Teilzeit an. Die Frau, die zuletzt eine Teilzeitausbildung bei den Landerers gemacht hat, kam zunächst als Reinigungskraft in die Bäckerei. Sie hatte drei Kinder und vor Jahren einmal eine Lehre zur Bäckereifachverkäuferin angefangen, aber nicht vollendet. Günther Landerer hat ihr dann vorgeschlagen, bei ihm die Ausbildung in Teilzeit zu beenden. So konnte die junge Mutter im vergangenen Sommer ihren Abschluss machen und war darüber sehr glücklich. "Ich wurde zu diesem Thema prima von der Handwerkskammer für Schwaben beraten", erzählte Günther Landerer. „Wir haben damit so gute Erfahrungen gemacht, dass wir jetzt ab Sommer 2019 wieder eine Teilzeit-Ausbildung anbieten werden“. Seine Frau Christiane und er sind offen für Vieles, so haben sie etwa aktuell auch einen Azubi aus Gambia, der während der Woche in einem Zimmer in der Bäckerei wohnt und am Wochenende in seiner Asylunterkunft im baden-württembergischen Leutkirch lebt. Günther Landerer holt ihn im Winter immer aus Leutkirch ab, im Sommer kommt er mit dem Fahrrad. In den nächsten Monaten wird ihre Bäckerei eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach bekommen und die Semmeln und Brote werden mit einem Elektroauto ausgefahren. Mit ihrer Bäckerei sind die Landerers auch Mitglied im Verein Allgäuer Bäcker, die sich zu hoher Qualität, also zum Beispiel nur komplett selbst hergestellte Backwaren, und höheren Azubi-Gehältern verpflichtet haben. „Wir zahlen freiwillig mehr, so bekommt bei uns ein Azubi im ersten Lehrjahr 650 Euro“, berichtet Landerer. "Als Mitglied im Familienausschuss des Deutschen Bundestags finde ich Ihr Engagement sehr ermutigend, auch Müttern eine Ausbildung zu ermöglichen. Das bestärkt mich sehr in meiner Arbeit für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich bin auch beeindruckt, wie kleine und mittelständische Unternehmen für Auszubildende ganz konkret vor Ort gute Lösungen entwickeln und praktisch Integration und Zusammenleben so gestalten, dass alle etwas davon haben. Ich werde Ihre Erfahrungen gerne mit nach Berlin nehmen und möchte gerne etwas dazu beitragen, dass die Rahmenbedingungen für solche gute Praxis besser werden," bedankte sich die Abgeordnete beim Ehepaar Landerer. Ulrike Bahr, die auch die Vorsitzende der SPD Schwaben ist, hat Günther Landerer abschließend auf das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ hingewiesen. Das ist die deutschlandweit größte Informations- und Austauschplattform für Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier bekommen nicht nur große Unternehmen, sondern auch mittelständische und kleine Betriebe Tipps, wie sie sich für Arbeitnehmer attraktiv machen können. Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen gehören Qualifizierungsprogramme dazu, oder auch die Unterstützung von Beschäftigten bei der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.