Macht Frieden – macht Frieden!

16. November 2018

„Der Frieden ist der Ernstfall!“. Mit diesem Willy-Brandt-Zitat begann der Theologe und Nahost-Experte Clemens Ronnefeldt seinen Vortrag über die Konfliktregion im Nahen und Mittleren Osten. Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr hatte im Rahmen der Augsburger Friedenswochen zu der Diskussionsveranstaltung „Macht Frieden“ eingeladen, zu der knapp 80 Gäste in die Stadtbücherei gekommen waren.

Rund 400 Jahre lang gehörte Syrien zum osmanischen Reich, bis dieses mit dem ersten Weltkrieg zerfiel. Die beiden damaligen verantwortlichen Diplomaten von Frankreich und Großbritannien, François Georges-Picot und Mark Sykes, teilten noch während des 1. Weltkrieges den gesamten vorderen Orient unter den beiden Kolonialmächten auf, Syrien wurde bis zur Unabhängigkeit 1943 französisches Mandatsgebiet. "Die Willkürlichkeit der damaligen Grenzziehungen mit dem Lineal wirken spannungsreich bis heute nach", so der Referent, "die arabische Bevölkerung wurde mit ihren Interessen nicht berücksichtigt". Dies zeige sich auch heute noch etwa bei der Benennung der Region. „Während wir – wie die Engländer in der Kolonialzeit – vom „Nahen und Mittleren Osten“ sprechen, möchten die Menschen, die dort leben, ihre Region lieber Westasien nennen“, erläuterte Ronnefeldt. Mit dem Machtantritt nach einem Putsch 1970 von Hafiz al-Assad, der im Jahre 2000 starb, begann die bis heute andauernde Herrschaft der Familie Assad. Weil diese zur Minderheit der Alawiten - einer Abspaltung der schiitischen Glaubensrichtung - zählt, achteten Vater und Sohn Assad strikt darauf, das Land säkular zu verwalten und bekämpften stark die sunnitische Muslimbruderschaft. Clemens Ronnefeldt machte deutlich, dass zu Beginn des Jahres 2011 nach anfänglich gewaltfreien Protesten für mehr Demokratie die Protestbewegung sehr bald von ausländischen Kräften massiv militarisiert wurde. Katar und Saudi-Arabien bezahlten bald tausende von Kämpfern aus rund 40 verschiedenen Staaten, die auf Seiten der Rebellen sich im Krieg mit Regierungsgruppen befinden. Unterstützt wurden diese von der Türkei und einigen westlichen Staaten, die mit Bashar al-Assad den wichtigsten Verbündeten Irans stürzen wollten, um damit die Regierung in Teheran zu schwächen. Diese wiederum unterstützt die schiitische Hisbollah im Libanon, wobei Syrien die Waffen aus Iran in den Libanon passieren lässt, um dadurch Druck auf Israel auszuüben, die völkerrechtlich zu Syrien gehörenden, aber von Israel annektierten Golanhöhen zurück zu fordern. Russland unterhält im syrischen Tartus den einzigen Mittelmeerhafen, der von russischen Kriegsschiffen angelaufen werden kann - und unterstützt daher die Assad-Regierung. Clemens Ronnefeldt plädiert für eine UN-Friedenskonferenz in der Schweiz. Am Beginn einer Deeskalation stünde die Unterbrechung des Nachschubs von Waffen und Kämpfern für beide Seiten sowie ein Waffenstillstand. UN-Blauhelme könnten dann diesen überwachen und entmilitarisierte Gebiete entstehen lassen. In diesen Zonen könnten internationale Hilfsorganisationen Flüchtlinge und Verwundete versorgen. "Notwendig sind auch nationale Dialogforen, um ein Auseinanderfallen des Staates zu verhindern", so der Referent, der sich für ein striktes Rüstungsexportverbot in die Spannungsregion Naher und Mittlerer Osten aussprach. Ulrike Bahr wies auf die lange Geschichte der SPD als eine Friedenspartei hin: „Sozialdemokratische Außenpolitik ist Friedenspolitik. Sie verfolgt das Ziel, die sozialdemokratischen Grundsätze von Frieden, Verständigung, Dialog und ziviler Konfliktregelung in konkretes Handeln umzusetzen“, so Bahr. Ihr sei es wichtig, immer wieder die Aufmerksamkeit auf diese Aufgabe der Partei zu lenken.