„In Königsbrunn haben wir heute insgesamt eine sehr entspannte Situation bezogen auf die Flüchtlinge, wir haben genügend Unterkünfte und ein enges Netz an Hilfe und Unterstützung“, sagt die Königsbrunner SPD-Stadträtin Andrea Collisi, die mit der Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr eine kleine Tour zu den Flüchtlingsunterkünften der Stadt unternommen hat.
Dabei sprachen beide auch mit Flüchtlingen und der Leiterin des Hauses in der Neuhauswiese, Christine Müller.
Der syrische Flüchtling Abdul hatte in seiner Heimat Medizin studiert und stand kurz vor dem Abschluss, als er mit seiner Frau und anderen Familienmitgliedern Syrien verlassen musste. Zunächst lebten seine Frau Lamar und er mit den beiden kleinen Töchtern in der Türkei, wo er bei einem medizinischen Hilfsprojekt Arbeit fand. Dann musste er auch die Türkei verlassen und entschied sich trotz der gesperrten Balkanroute zur Flucht in Richtung Augsburg, wo bereits zwei seiner Brüder leben und als Flüchtlinge anerkannt sind. Fünf Monate war er mit seiner Frau und den beiden kleinen Töchtern, jetzt 2 und 3 Jahre alt, unterwegs. Damit man sie nicht in Ungarn aufnahm, verheimlichte er seine Ausbildung. Und auf einer griechischen Insel gaben sie sich als Touristen aus. „Die Flucht war schwierig und sehr aufregend. In Deutschland angekommen, haben wir die ersten Monate in Bamberg gelebt, jetzt sind wir seit Mitte Februar in Königsbrunn und sind dabei, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen“, so der Familienvater. Ehefrau Lamar hat in Syrien Englische Literatur studiert und möchte auch so bald wie möglich in Deutschland weiterstudieren. Beide freuen sich über ihre neue Heimat in der Neuhauswiese und sagten Ulrike Bahr ganz ausdrücklich, wie dankbar sie dem Staat, der Stadt Königsbrunn und den Flüchtlingshelfern seien.
Insgesamt gibt es fünf Unterkünfte in Königsbrunn: die in der Lilienthalstraße, im Martin-Luther-Haus und in der Haunstetterstraße sind dem Landratsamt unterstellt, die Neuhauswiesensiedlung und die Unterkünfte in der Germanenstraße werden von der Regierung von Schwaben betrieben. „Insgesamt sind aktuell rund 350 Flüchtlinge in den Unterkünften untergebracht, sie werden unterstützt und betreut von unserem sehr aktiven Helferkreis, in dem sich rund 120 Menschen engagieren“, so Andrea Collisi, die den Kreis im Jahr 2015 mit aufgebaut hat und sich mehrere Male in der Woche mit Flüchtlingen trifft, sie ins Krankenhaus begleitet oder bei der Suche nach einem Kindergartenplatz hilft. Wie in Augsburg fehlen auch in Königsbrunn Kindergartenplätze. „Wir könnten gut noch zwei weitere Kindergärten in Königsbrunn gebrauchen“, so Collisi.
Den beiden kleinen Töchtern von Abdul und Lamar hat sie heute Wasserfarben, Buntstifte und Papier mitgebracht, weil sie bei einem früheren Besuch gesehen hatte, wie gerne die beiden malen.
In der Siedlung auf der Neuhauswiese sind aktuell rund 100 Menschen untergebracht, darunter Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, dem Irak und Nigeria, berichtete die Heimleiterin Christine Müller. Größere Probleme gäbe es nicht, sagt sie. Allerdings brächten die Königsbrunner Bürger immer wieder Spielsachen, Kleider oder Bücher an die Unterkunft, was dem Hausmeister Harald Stixner nicht gefalle. „Da ist auch oft Kaputtes dabei, was ich dann zum Wertstoffhof bringen muss“, so Stixner. „Mir wäre es lieber, die Leute bringen das zu einem der Sozialkaufhäuser!“ Ehrenamtliche Helfer in Königsbrunn unterrichten Deutsch, bis die Flüchtlinge die offiziellen Deutsch- und Integrationskurse besuchen. Sie organisieren das „Café Welcome“ oder den Stammtisch Asyl, sie helfen bei der schwierigen Wohnungssuche oder unterstützen Schüler bei den Hausaufgaben. „Für mich ist das ein großes Geschenk, nicht nur, weil ich helfe, dass aus Fremden Freunde werden können, sondern ich werde auch selbst beschenkt durch die vielen guten Kontakte, die ich inzwischen schließen konnte“, erzählt Andrea Collisi, selbst vierfache Mutter. Sie lerne täglich etwas hinzu. „Für mich ist es eine selbstverständliche und unabdingbare Haltung, mich zu engagieren. Ich empfinde Verantwortung für die kommenden Generationen, die nicht in einer auseinanderklaffenden Gesellschaft leben sollen. Ich erlebe hier in der Regel integrationswillige Menschen, die Interesse an unseren demokratischen Grundsätzen zeigen. Familienväter wie Singles: sie wollen in Frieden leben und ihre Talente und Befähigungen entwickeln können."
Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr war beeindruckt von den gut organisierten Unterkünften und dem Engagement des großen Helferkreises. „Königsbrunn ist ein gutes Beispiel, wie Bürger sich engagieren und etwas leisten, dass der Staat allein nicht vermag – den Neuankömmlingen Vertrauen und Mut geben, sie mit unserer Kultur und unseren Werten vertraut machen, sie also hereinholen in unsere Gesellschaft“, so Ulrike Bahr. „Mir ist es wichtig, dass Ehrenamtliche Wertschätzung erfahren, die möchte ich allen hier in Königsbrunn aussprechen, sowohl ganz persönlich, als auch als Mitglied des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“ im Deutschen Bundestag.“