Regelmäßig ist Ulrike Bahr Gast in SPD-Ortsvereinen in ihrem Wahlkreis und in von ihr betreuten Wahlkreisen. Zuletzt war sie in Augsburg-Lechhausen und in Kaufbeuren zu Gast, wo sie mit besorgten Genossen zusammentraf, die mit ihr über die schlechten Prognosen für die Partei sprachen und darüber, welchen Weg die SPD gehen sollte, um wieder viele Wähler anzusprechen.
In Lechhausen wurden Themen angesprochen wie Käfighaltung, Entwicklung der Löhne und Renten, Altersarmut, Besteuerung von Riesterrente und das schlechte Abschneiden der SPD bei den Wahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. „Auch in der SPD gibt es Kräfte, die wollen die Positionen der AfD soft übernehmen. Das halte ich für das falsche Zeichen“, sagte Ulrike Bahr. „Im Gegenteil, ich denke wir müssen es machen wie Malu Dreyer, die in Rheinland-Pfalz klar Kante gegen rechts gezeigt hat und damit auch Erfolg hatte“. „Unsere Partei neigt dazu, den Leuten hinterherzulaufen. Ich finde, wir sollten lieber unsere eigene Haltung bewahren“, sagte Hans Blöchl, SPD-Mitglied in Lechhausen. Er sagte, man müsse auch aussprechen, dass man in Deutschland in einem geordnetem, funktionierenden Staat lebe, wo Prozesse zwar länger dauerten, dafür aber auch rechtlich sicher seien. „Ich werde oft gefragt, warum wir Deutsche so viel jammern. Auch in der Partei entsteht manchmal der Eindruck, als würde draußen vor der Tür das Elend liegen“. Politikerschelte sei nicht angezeigt, das Funktionieren von Nahverkehr, Bildung und Sozialstaat sei ein Produkt von der guten Arbeit von Politikern in den letzten Jahrzehnten. „Und ein Blick nach Europa zeigt, dass Länder mit ausgebauten Sozialsystemen und hohen Steuern funktionieren – mehr Staat tut also wohl!“
Ulrike Bahr sagte, es täte allen gut, Streit und Widerspruch in der Partei zuzulassen. „Insgesamt müssen wir das Profil schärfen. Konsequent unsere Meinung sagen, zum Beispiel, wenn unsere türkisch-stämmigen Bundestagskollegen bedroht werden, das ist angezeigt. Da dürfen wir keine Toleranz zeigen!“ Sie wünsche sich, dass die SPD auch mit unbequemen Themen wie etwa der Einführung einer Bürgerversicherung in den Wahlkampf gehe.
In Kaufbeuren berichtete Ulrike Bahr zunächst von Ihrer Arbeit in Berlin. „War es richtig, in der großen Koalition mitzumachen? Ich selbst habe damals im Parteikonvent zunächst dagegen gestimmt, habe mich aber dann überzeugen lassen, als ich den Koalitionsvertrag gesehen hatte. Beim Mitgliedervotum habe ich dann dafür gestimmt. Und es ist jetzt auch gut, zu sehen, dass die SPD-Regierungsmitglieder viel sozialdemokratische Politik umsetzen können – den Mindestlohn beispielsweise hätte es mit der SPD in der Opposition nicht gegeben!“. Bahrs Mitwirkung im Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ sei in den vergangenen Monaten besonders zur Geltung gekommen durch die Tausenden von Menschen in der Zivilgesellschafft, die sich für die Flüchtlinge in Deutschland beruflich oder in ihrer Freizeit engagierten. „Die Kirchen nennen es Nächstenliebe, wir nennen es Solidarität – wir können stolz darauf sein, welches freundliche Gesicht die Bundesrepublik hier gezeigt hat und nach wie vor zeigt!“ Bezogen auf die Wahlergebnisse der AfD in den vergangenen Landtagswahlen sagte Ulrike Bahr: „Wir müssen Tatsachen aufzeigen. Dass Demokratie anstrengend ist, dass lange Prozesse umständlich erscheinen. Wir müssen den Menschen in unserem Land Zugang zur politischen Bildung ermöglichen, um ihnen zu zeigen, wie wertvoll unsere Demokratie ist. Ich kenne kein besseres Staatssystem, als das, was wir hier haben“.
Ein Kaufbeurer Genosse fragte, ob es nicht besser gewesen wäre, in der Opposition harte Positionen zu fahren: „Die SPD hat viel erreicht, aber kommt nicht zur Geltung! Es fehlt die öffentliche Anerkennung der Verdienste der SPD“. Die SPD brauche den Mut, Meinungen auch gegen die Medien und andere Parteien zu benennen. Andere Genossen schlugen vor, dass das Projekt „Vereinigte Staaten von Europa“ oder eine Abstufung der Sozialabgaben nach der Höhe des Gehaltes Themen wären, mit denen die SPD Profil zeigen könne. „Das Thema Europa bewegt mich aktuell sehr! Wie schaffen wir es, ein Europa von unten zu bauen?“, fragte Helmut Holzmüller aus Kaufbeuren, „darüber sollten wir nachdenken!“ Zuletzt begrüßten Pascal Lechler, der Ortsvereinsvorsitzende von Kaufbeuren und Neugablonz, und die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr ein neues Mitglied im Ortsverein: Doris Thiel-Schunk. Sie hatte sich während ihres großen beruflichen Engagements für Flüchtlinge entschieden, in die SPD einzutreten.