Politisches Engagement für Familien im Rahmen des inklusiven SGB VIII
Die Frühförderstelle des SOS-Kinder und Familienzentrums Garmisch-Partenkirchen setzt sich für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen ein. Durch interdisziplinäre Therapieleistungen – und mit politischem Engagement. Im Fachgespräch mit Ulrike Bahr MdB, die Familienausschussvorsitzende des Bundestags, am 11. Juli formulierten Vertreterinnen der interdisziplinären Frühförderstelle ihre Anliegen im Hinblick auf die Umsetzung des inklusiven SGB VIII. Begleitet wurde die Familienpolitikerin vom Landtagskandidaten für Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz/Wolfratshausen Benedikt Hoechner.
Von links: Ulrike Bahr, MdB (SPD); Melanie Bagola, Einrichtungsleitung (SOS-Kinderdorf Weilheim); Sven Stumpf, Stabstelle Advocacy (SOS-Kinderdorf e.V.); Benedikt Hoechner, Landtagskandidat für den Bezirk Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz/Wolfratshausen (SPD); Elke Wimpelberg, stellvertretende Vorsitzende der LV Bayern der Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung (Viff); Regina Weiß, Koordinatorin Interdisziplinäre Frühförderstelle (SOS-Kinderdorf Weilheim)
Interdisziplinarität als Chance
Frühe, interdisziplinäre Förderung bietet nachgewiesen große Erfolgschancen. Melanie Bagola, Einrichtungsleitung des SOS-Kinderdorfs Weilheim erklärte im Gespräch mit Frau Bahr MdB: „In unserer langjährigen Erfahrung zeigt sich, dass bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten fast immer auch eine medizinische Ursache vorliegt. Nur im Zusammenspiel von pädagogischen und medizinischen Fachkräften können die Kinder ganzheitlich unterstützt werden. Dadurch gelingt es Großteils die Kinder zum regulären Schulbesuch und langfristig zu einem Eintritt ins Berufsleben zu befähigen.“
Elke Wimpelberg, stellvertretende Vorsitzende der LV Bayern der Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung Viff betonte: „Bei Kleinkindern mit Entwicklungsrisiken ist Interdisziplinarität essenziell. Bayern ist das einzige Bundesland, mit einer flächendeckenden Abdeckung interdisziplinärer Frühförderstellen. Diese erfolgreichen Strukturen sollten im inklusiven SGB VIII als Beispiel für funktionierende, interdisziplinäre Zusammenarbeit berücksichtigt werden.“
Frau Bahr MdB bedanke sich für den intensiven Austausch und versicherte „Mein Eindrücke und Ihre Anregungen werde ich mit nach Berlin nehmen. Ihre Arbeit zeigt mir, wie wichtig und wertvoll Ihr interdisziplinäres Netzwerk wirkt, und dass dieses Netzwerk in jedem Kindes- und Jugendalter in jeder Region zur Umsetzung von Inklusion gebraucht wird. Familien brauchen gerade bei Schnittstellen und Übergängen in Systemen Stärkung und Unterstützung.“
44 Jahre Frühförderstelle in Garmisch-Partenkirchen
In Bayern ist die Struktur interdisziplinärer Frühförderstellen bereits langjährig erfolgreich etabliert. So wurde die Frühförderstelle im SOS-Kinder- und Familienzentrum Garmisch-Partenkirchen bereits 1978 eröffnet. Ein Team von 18 Fachkräften aus 5 verschiedenen Disziplinen unterstützt hier jährlich 120 Familien aus dem ganzen Landkreis. Die interdisziplinäre Frühförderung richtet sich an Familien mit Kindern, die zwischen Geburt und Schuleintritt Auffälligkeiten in ihrer Entwicklung zeigen oder bei denen eine körperliche oder geistige Behinderung festgestellt wurde.
Entlastung von Familien durch Pauschalfinanzierung
Ein weiterer Appell an die Politik ist eine Pauschalfinanzierung für Frühförderungsleitungen, ähnlich den Pauschalen für die Kinder- und Jugendhilfe. Die derzeit übliche fallbezogene Leistung ist mit hohen Antragshürden verbunden, die betroffene Familien häufig schlichtweg überfordert. Das kann zur Folge haben, dass Kinder die notwendige Förderung gar nicht, oder viel zu spät erhalten. Das inklusive SGB VIII.
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die inklusive Kinder- und Jugendhilfe in dieser Legislaturperiode auszugestalten. Ziel ist es, alle Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammenzuführen. Derzeit befasst sich ein Bundesausschuss mit der Umsetzung einer Gesetzesinitiative.