„Mit dem Ende des kalten Krieges ist die Welt nicht friedlicher und nicht demokratischer geworden, auch wenn das damals von einigen angenommen wurde. Jedem fallen eine Menge Konflikte ein, die es seitdem gab: die Jugoslawien-Kriege direkt vor unserer Haustür, der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan und im Irak, der weitgehend gescheiterte Arabische Frühling.
Das alles hat direkte Auswirkungen auf uns: Wir nehmen Kriegsflüchtlinge auf, wir werden aufgefordert uns an Militäreinsätzen zu beteiligen, wir müssen abwägen, ob wir durch Handeln oder Nicht-Handeln stärker schuldig werden, wir müssen uns positionieren, wir müssen humanitär und diplomatisch vermittelnd helfen“, leitete die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr ihre Diskussion mit Ute Finckh-Krämer, von 2013 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages, ein. „Neue Entspannungspolitik – jetzt!“ lautete der Titel der Veranstaltung.
„Die Menschen in Ostdeutschland haben eine wertvolle friedenspolitische Erfahrung mit in die Bundesrepublik Deutschland eingebracht: die gewaltfreie Revolution. „Keine Gewalt!“ war einer der lautesten Rufe der Demonstrationen, die das Ende der DDR einläuteten“, berichtete Finckh-Krämer, die als eine der wichtigen pazifistischen Stimmen in der SPD gilt. Die promovierte Mathematikerin ist als 16-jährige in die SPD eingetreten und engagiert sich seit vielen Jahren in der evangelischen Kirche und in der Friedensbewegung.
Ute Finckh-Krämer stellte zunächst die Friedensbemühungen zwischen Europa und Russland ins Zentrum ihres Vortrags. Sie beschrieb, wie es zur Gründung der KSZE kam. „Willy Brandt war da einer, der das vorangetrieben hat. Die Ziele Rüstungskontrolle, Abrüstung und die Einhaltung der Menschenrechte blieben die wesentlichen, auch als es dann die OSZE wurde“, so Finckh-Krämer. „Entspannungspolitik braucht man nicht unter Freunden!“, erläuterte Finckh-Krämer ihre Erfahrungen, zum Beispiel aus ihrer Zeit im Unterausschuss "Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung". Aber dort, wo viele Gegensätze vorhanden seien, müsse man zunächst gemeinsame Interessen suchen und identifizieren (zum Beispiel „es soll keinen Krieg geben“ oder wirtschaftliche Interessen, die allen nützten oder gemeinsame Umweltschutzinteressen), dann Verstand und Phantasie für kluge Kompromisse nutzen, beschrieb die Pazifistin. Wichtig sei der faire Umgang miteinander und die Fähigkeit, den Konflikt auch von der anderen Seite aus zu betrachten. Es sei gut, sich die Frage zu stellen, ob man selbst sein eigenes Angebot annehmen würde, wenn man der andere wäre.
Finckh-Krämer sagte, sie wünsche sich, dass Deutschland sich nicht mit Waffen in Konflikten beteilige, sondern dass Deutschland eine Expertise aufbaue für die konstruktive Konfliktbewältigung, ähnlich, wie es die Schweiz getan habe. „Die OSZE und den Europarat stärken! Auch das könnte die Rolle von Deutschland sein!“, so Finckh-Krämer.
Friedensprozesse dauerten lange, manchmal Jahrzehnte. Sie sei aber überzeugt, dass sich jede Anstrengung lohne. Zum Schluss zitierte sie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Aufgeben ist keine Alternative!“ In der sich anschließenden Diskussion sagte ein Teilnehmer, dass die neue Friedenspolitik genau DAS Thema der SPD sei. „Ich bin dir dankbar, dass Du dieses Thema so intensiv bearbeitest“, sagte eine Augsburgerin in Richtung Ute Finckh-Krämer.