Kein Platz für Homophobie!

Linus Förster, Ulrike Bahr, Harald Güller

22. Juli 2015

Gemeinsame Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr und der vier Landtagsabgeordneten Simone Strohmayr, Harald Güller, Herbert Woerlein und Linus Förster zu einem homophoben Artikel in der Beilage des Familienbundes der Katholiken im Bistum Augsburg zur Augsburger Allgemeinen vom 18.Juli 2015.

Der Familienbund der Katholiken im Bistum Augsburg hat seine Beilage zwar mit dem irreführenden Titel „Familienbunt“ überschrieben, dann aber mit dem Abdruck eines Artikels von Bertrand Vergely „Diktatur durch Verwirrung“ ein regelrechtes Manifest gegen die sogenannte Homo-Ehe abgedruckt. Wir sind entsetzt, dass diese Veröffentlichung vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert wurde.

Von diesen Inhalten möchten wir uns ganz entschieden distanzieren. Bertrand Vergely agitiert damit, die Ehe sei eine allein auf die „Weitergabe des Lebens“ ausgelegte Institution und darum „von Natur aus“ nur für Heterosexuelle gedacht. In diesem Eheverständnis wäre auch kein Platz für späte Ehen, für Ehen zwischen Menschen, die wissen, dass sie keine Kinder bekommen können oder wollen. Das entspricht nicht den Vorgaben unseres Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach dem BGB kommt eine Ehe durch Willenserklärung vor dem Standesbeamten zustande. Sie verpflichtet die Ehepartner zum gegenseitigen Unterhalt, zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander.

Seit vielen Jahren wird deshalb in der Öffentlichkeit über die Öffnung der Ehe auch für Schwule und Lesben diskutiert. Genauso lang setzt sich die SPD für die volle Gleichberechtigung, ein modernes Familienbild und gegen die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität ein. Denn Menschenrechte gelten für jeden Menschen gleichermaßen. Schon jetzt sind die bestehenden rechtlichen Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft nur noch gering. Sie halten auch vor dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht mehr lange stand.

Vielfach entsteht der Eindruck, dass durch die Einführung der „Ehe für alle“ heterosexuelle Ehen diskriminiert würden. Das können wir nicht nachvollziehen. Denn niemandem wird etwas weggenommen. Vielmehr fordern wir, dass jeder Mensch unabhängig von sexueller Orientierung und Identität Glück, Geborgenheit, Fürsorge und Liebe in einer auf Dauer angelegten Bindung finden kann. Viele Menschen wünschen sich dazu die Ehe als zivilrechtlichen Rahmen und öffentliches Bekenntnis. Das soll niemandem verweigert werden können. Dies empfindet im Übrigen auch die große Mehrheit der Deutschen als gerecht, richtig und gut. Die Öffnung der Ehe würde ohne Zweifel eine integrierende Wirkung haben und noch bestehende Vorbehalte gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren abbauen.

Die „Ehe für alle“ würde damit unmittelbar den im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD festgelegten „Abbau von Diskriminierung“ praktisch umsetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Entscheidung für Ehe und Familie eine im Grunde zutiefst wertorientierte Entscheidung ist, die der Staat aufgrund der gegenseitigen Übernahme von Verantwortung stützen und nicht verhindern sollte. Gleiche Pflichten verdienen auch gleiche Rechte! Dass dies – auch ohne Grundgesetzänderung – möglich und geboten ist, hat die Verfassungsrechtlerin Frau Dr. Friederike Wapler in einem aktuellen Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung dargelegt. (Link: http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11459.pdf)

Dabei geht es auch um die Möglichkeit für homosexuelle Paare, sich gemeinsam und gleichberechtigt gegenüber heterosexuellen Paaren für eine Adoption eines Kindes bewerben zu können. Entscheiden wird hierüber dann das Familiengericht und zwar ausschließlich im Sinne des Kindeswohls, nicht wegen der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts der Eltern. Das Kindeswohl taugt nicht als Argument gegen die Gleichstellung. Gesellschaftliche Realität ist: Kinder leben längst mit gleichgeschlechtlichen Eltern in Familien zusammen und es ist ebenso Realität, dass es in diesen Regenbogenfamilien keine Hinweise auf Benachteiligung oder schlechtere Entwicklung der Kinder gibt. Die Augen vor dieser Tatsache zu verschließen ist eine unwürdige Behandlung der Eltern und Kinder.

Das von Bertrand Vergely angesprochene Thema der Leihmutterschaft ist davon völlig zu trennen. Es gibt weder für hetero- noch für homosexuelle Paare ein „Recht auf Kinder“. Zwar begrüßen und fördern wir die Entscheidung für Kinder, die Leihmutterschaft ist aufgrund der ethischen Probleme in Deutschland aber verboten (Embryonenschutzgesetz von 1991). Mutter eines Kindes ist in Deutschland immer die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB).

Ebenfalls unterstützen wir, unabhängig von Adoptionsfragen, das Recht eines jeden Kindes, seine Herkunft zu kennen. Nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes und diverser Oberlandesgerichte haben Kinder einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Kenntnis ihrer Abstammung. Damit sind in Deutschland auch anonyme Samenspenden nicht möglich. Samenspender müssen sich sogar auf Unterhaltsansprüche ihrer Nachkommen gefasst machen. Eine Vermengung dieser Argumente mit einer Polemik gegen eine Öffnung der Ehe halten wir für sehr unsachlich.

In gleichem Licht ist These 4 des Pamphlets von Vergely zu sehen, in dem er Schwulen und Lesben unterstellt, auch nahezu zwangsläufig Inzest zu befürworten. Verwandtschaft in gerader Linie ist nach dem BGB ein Ehehindernis (§1307 BGB), an das mit einer Öffnung der Ehe keineswegs gerührt wird. Auch diese Argumentation dient nur dazu, homophobe Ressentiments zu schüren.

Wir distanzieren uns darum ausdrücklich von diesem Text und fordern Staatsministerin Emilia Müller auf, die Förderpraxis ihres Hauses kritisch zu überprüfen.

Ulrike Bahr, MdB;Dr. Simone Strohmayr, MdL; Harald Güller, MdL; Herbert Woerlein, MdL; Dr. Linus Förster, MdL

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