Hass im Netz – was können wir tun?

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07. April 2022

Wie kommt es zu so vielen Hasskommentaren im Internet? Was können Betroffene tun? Und welche Aufgaben hat die Politik hier noch vor sich? Über diese und weitere Fragen diskutierte die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr mit Experten und zahlreichen interessierten Teilnehmern bei einer Online-Diskussion. Zwei spannende Kurzvorträge kamen von Prof. Dr. Johannes Kaspar, Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Augsburg, und Johann Saathoff, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

Prof. Kaspar legte dar, dass die Anzahl erfasster Fälle von Hasskriminalität im Netz eine Steigerung um 19,28 % im Vergleich zum Jahr 2019 erlebte. 2020 wurden 2.607 Fälle sogenannter „Hasspostings“ registriert. Zu einem erheblichen Anteil ist eine rechte ideologische Orientierung auszumachen. Hassrede dient laut Kaspar für zahlreiche Täter:innen als Grundlage zur Schaffung einer virtuellen Gruppenidentität. Die Distanz zum Opfer und die scheinbare Anonymität im Internet sind enthemmende Faktoren.

Rechtliche Regelungen

Von politisch-rechtlicher Seite kommentierte der parlamentarische Staatssekretär Saathoff, dass nicht alle Inhalte, die unangemessen oder verstörend wirken, mit Blick auf die Meinungsfreiheit zwangsläufig auch strafbar sein müssen. Mit den Gefahren der Verbreitung von Hasskriminalität im Internet befasst sich die Bundesregierung seit mehreren Jahren intensiv. So trat 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft, um die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken zu verbessern.

Die großen sozialen Netzwerke wurden erstmalig verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden und rechtswidrige Inhalte innerhalb von 7 Tagen nach einer Nutzermeldung zu löschen oder den Zugang zum Inhalt zu sperren. Darüber müssen die Anbieter sogar halbjährlich öffentlich Rechenschaft ablegen.

Meldepflicht für soziale Medien

2021 wurde dann das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität verabschiedet. Mit diesem Gesetz wurden die Pflichten der Anbieter sozialer Netzwerke weiter ausgebaut. Zentrale Neuerung ist die Verpflichtung der Anbieter sozialer Netzwerke, dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle bestimmte strafbare Inhalte zu melden, die ihnen durch eine Beschwerde bekannt und von ihnen entfernt oder gesperrt wurden. Zu melden sind schwere Fälle von Hasskriminalität im Netz, wie etwa Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen sowie Volksverhetzungen.

Saathoff bescheinigte den legislativen Maßnahmen hierbei positive Ergebnisse. Der Aktionsplan von Bundesinnenministerin Nancy Faeser werde darüber hinaus eine noch effektivere Bekämpfung von Hasskriminalität ermöglichen.

Hilfeportale für Opfer

An diese Vorträge schloss sich eine lebhafte Diskussion der rund 50 Teilnehmer:innen an. Dabei spielte auch das Thema Prävention eine zentrale Rolle. Wichtig sei vor allem die Intensivierung der Jugend- und Bildungsarbeit, aber auch die Stärkung des Opferschutzes. Hier nannten die Diskutant:innen Internetportale wie www.hass-im-netz.info oder hateaid.org. Dort finden Opfer von Hass im Netz Hilfe, Beratung und die Möglichkeit, eine potentielle Straftat direkt anzuzeigen. Kaspar erklärte abschließend, dass bei gut funktionierender Prävention eine Verschärfung von vorhandenen Strafnormen nicht notwendig sei, denn das Strafrecht sei immer ultima ratio.

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