"Wir müssen lauter werden. Es dürfen sich nicht die durchsetzen, die jeden Respekt verloren haben". Bundesengagementministerin Manuela Schwesig positionierte sich eindeutig auf der diesjährigen Tagung der AG Bürgerschaftliches Engagement. Dort diskutierten rund 120 Gäste aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft leidenschaftlich und gelegentlich auch kontrovers, wie mit Abwertung und Angriffen auf die offene Gesellschaft umzugehen ist.
Thomas Oppermann meinte in seinem Grußwort, die Zweifel an den demokratischen Institutionen und das Erstarken des Rechtspopulismus habe vielschichtige Ursachen. Besonders markant waren die Lehmann-Pleite 2008 mit der folgenden Banken-und Finanzkrise und dann die vielen Flüchtlinge 2015. Um weiter eine offene und tolerante Gesellschaft zu bauen, brauchten wir zunächst ein "Breitband-Antibiotikum", einen starken Staat, der Schwächere schützt, öffentliche Sicherheit garantiert und die Verlierer der Globalisierung auffängt.
In seinem wissenschaftlichen Impuls mahnte Professor Dr. Wilhelm Heitmeyer, Begründer der Mitte-Studien und des Konzepts der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, sich nicht auf einen politischen Zehnkampf einzulassen und die eigenen Kräfte und die eigene Reichweite realistisch einzuschätzen. Repression sei immer eine gefährliche Waffe, denn Repression schaffe Innovation. Er mahnte außerdem, sich bei Gegenaktionen nicht nur auf junge Menschen zu konzentrieren. Abwertung und Rassismus fänden sich besonders stark in der Gruppe der über 60jährigen.
Nach den Grußworten und Impulsen diskutierten Aziz Bozkurt, Sprecher der AG Migration der SPD, Professor Heitmeyer, Landesbischof Dr. Markus Dröge und Lisi Maier, Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings, moderiert von Miriam Camara im Fishbowl-Format mit dem Publikum. Ausgrenzung von AfD-Wählerinnen und Wählern und eine rein moralische Argumentation helfen nicht weiter in der Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus, so die einhellige Meinung. Viele Engagierte sind inzwischen müde der ständigen Auseinandersetzungen und Anfeindungen. Darum sind elektrisierende Ideen für die Demokratie gefragter denn je.
Die Wahl von Donald Trump und der Brexit haben aber auch etwas Gutes: Viele Menschen sehen, dass auch sie sich positionieren und politisch denken und handeln müssen. Und das ist auch wichtig. Denn Parteien und Politik sind auf die Zivilgesellschaft angewiesen, wenn wir in einem positiv geführten Konflikt die offene und vielfältige Gesellschaft verteidigen wollen.