CETA - Wie geht es weiter?

Ulrike Bahr

22. September 2016

Der Bundestag entscheidet heute nicht über CETA. Heute wird darüber entschieden, ob wir den Bundeswirtschaftsminister beauftragen, im Handelsministerrat der EU-, den aktuell vorliegenden Vertragsentwurf CETA in die parlamentarischen Verfahren, in die Parlamente zu geben.

Mein Kollege Lothar Binding bringt es auf den Punkt: „Die Anträge der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN lehnen pauschal etwas ab, das sie noch gar nicht kennen. Damit machen sie sich in der Urteilsfindung gemein mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), campact (nachgebildet MoveOn in den USA), vielen ver.di Mitgliedern und anderen, die schon seit Monaten, einige schon seit Jahren, wissen, dass der Weltuntergang droht, wenn CETA nicht kommt (so die einen) oder wenn CETA kommt (so die anderen). (…)

Über die Jahre haben sich die einen so sehr an ihre Hoffnung gewöhnt, wie die anderen an ihre Befürchtung, dass riesige Veränderungen in den Vertragstexten, ja selbst jene, die Ergebnis des eigenen Erfolgs sind, kaum wahrgenommen werden und man fest im einmal gefällten Urteil stecken bleibt. Aber es gibt auch gute Beispiele: Nachdem Sigmar Gabriel mit der Kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland wichtige Verbesserungen hinsichtlich der Arbeitnehmerrechte erreichen konnte, hat Rainer Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) den auf dem SPD Konvent eingeschlagenen Weg unterstützt.

Anders als DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, die schon lange wissen, dass sie gegen diese Freihandelsabkommen sind, und anders als CDU und CSU, die schon lange wissen, dass sie für diese Freihandelsabkommen sind, haben SPD und SPD-Bundestagsfraktion einen intensiven Diskussions- und Abwägungsprozess angestoßen und organisiert. In diesem von Bundeswirtschaftsminister Gabriel wesentlich getragenen Prozess, wurde der so verändert, dass die Kritiker der Ursprungstexte in pro und kontra zusammen geführt werden. Dazu gab es einen großen SPD Konvent, auf dem wie die „roten Linien“ für eine Zustimmung zu den aktuellen Freihandelsabkommen beschlossen haben. Wer diese Veränderungen wahrnimmt, erkennt, wie wesentlich diese Änderungen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sind. Und damit ist nicht nur die deutsche Gesellschaft gemeint. Unser Ziel ist den Wohlstand aller Menschen global zu fördern, nicht nur in Deutschland - auch in Kanada und in allen europäischen Staaten sollen die Menschen profitieren. Mit Kanada verbindet uns eine jahrelange politische wie auch wirtschaftliche Zusammenarbeit, die mit CETA nun weiter ausgebaut und vertieft werden soll. Wenn Europa als Staatenverbund mit 500 Millionen Einwohnern einen Vertrag verhandelt, kann es viel mehr erreichen, als wenn ein Staat dies alleine tun würde. Bei solch kraftvollen Verbindungen gilt es zu darauf zu achten, dass die Schwächsten nicht auf der Strecke bleiben. Die schwächsten Menschen und die schwächsten Staaten. Unter diesen Gesichtspunkten ist das Interesse der schwächeren EU-Mitgliedsstaaten an CETA gut zu verstehen.“

Trotz der Verbesserungen bleiben zahlreiche offene Fragen, die Matthias Miersch, Sprecher der Parlamentarischen Linken, nach dem Parteikonvent am letzten Montag noch einmal zusammengefasst hat:

  • Im Bereich des Investorenschutzes muss mit Blick auf die Rechtstatbestände, wie z.B. ‚faire und gerechte Behandlung‘ und ‚indirekte Enteignung‘ sichergestellt werden, dass keine Bevorzugung von ausländischen gegenüber inländischen Investoren oder Bürgerinnen und Bürgern stattfindet. Investorenschutz sollte somit auf die Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren beschränkt werden.

  • Es muss unmissverständlich und rechtsverbindlich erklärt werden, dass die EU im Rahmen des CETA-Abkommens in keiner Weise vom primärrechtlich verankerten Vorsorgeprinzip (Art. 191 AEUV) abweicht.

  • Im Rahmen des Beratungsprozesses muss ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen der Partner gegen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entwickelt werden. Die acht ILO-Kernarbeitsnormen müssen ratifiziert werden.

  • Es muss sich aus dem CETA-Vertrag unmissverständlich ergeben, dass bestehende und künftig entstehende Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vom Vertrag erfasst werden.

Das sind dann auch meine Messlatten, wenn wir – nach dem parlamentarischen Prozess im EU-Parlament und im Bundestag – eines Tages über CETA selbst entscheiden werden.

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