Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und "Sichere Herkunftsstaaten"

03. Juli 2014

Der Bundestag stimmt heute über ein Gesetz ab, das den Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber erleichtert und gleichzeitig Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten einstuft. Den ersten Teil des Gesetzes begrüße ich, den zweiten halte ich für problematisch.

Ich begrüße ausdrücklich, dass mit der Erlaubnis zur Arbeitsaufnahme für Asylbewerberinnen und Asylbewerber und für geduldete Ausländerinnen und Ausländer nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert wird. Damit wird den Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, ermöglicht, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und durch Erwerbsarbeit ihre Integration zu erleichtern.

Den zweiten, in diesem Gesetz vorgeschlagenen Punkt, die Einstufung von Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten, sehe ich problematisch. Zum einen halte ich es angesichts der Erfahrungen besonders der Gruppe der Roma in diesen Ländern für nicht gesichert, dass sie dort nicht weiter Diskriminierung, sogar Verfolgung und Gewalt ausgesetzt sind. Für die Roma in diesen Ländern, aber auch in den südosteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten, muss endlich eine nachhaltige und langfristig wirksame Möglichkeit gefunden werden, dass Vorurteile, Ausgrenzung und Diskriminierung überwunden werden, dass sie Zugang zu Bildung, Wohnen, Gesundheitsleistungen und Erwerbsarbeit erhalten und dass ihre Fluchtursachen in den Herkunftsländern wirksam bekämpft werden. So lange das nicht der Fall ist, bleibt der Wunsch von Familien bestehen, aus bitterer Armut und Not nach Deutschland zu fliehen.

Ich halte außerdem aus grundsätzlichen Erwägungen eine Ausweitung des Systems sicherer Herkunftsstaaten für falsch. Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht, das eine Einzelfallprüfung zwingend verlangt. Dieses Recht sollte meines Erachtens nicht eingeschränkt werden. Auch wenn die Anerkennungsquote von Flüchtlingen aus den im Gesetz genannten Ländern sehr gering ist, verdient jeder Einzelfall Beachtung. Ich bin besorgt, dass mit der Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten eine falsche Richtung eingeschlagen wird. Stattdessen brauchen wir eine europäische Flüchtlingspolitik, die legale Einwanderung ermöglicht und die die Flüchtlinge innerhalb Europas verteilt. Die Erfahrung zeigt, dass unser Land von Zuwanderung profitiert und dass die weitaus größte Zahl der Zuwandernden in Deutschland Arbeit findet.

In dieser Diskussion muss darauf hingewiesen werden, dass Deutschland zwar in absoluten Zahlen die meisten Flüchtlinge in Europa aufnimmt, im Vergleich zur Bevölkerungszahl kommen aber mehr Flüchtlinge in die EU-Staaten Schweden, Malta, Österreich, Luxemburg, Ungarn, Belgien sowie in die europäischen Länder Norwegen und die Schweiz (Zahlen aus 2013). Deshalb geht es um eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa und nicht um Ängste vor zu hohen Flüchtlingszahlen. Den Großstädten in Deutschland, die besondere Probleme haben, müssen wir helfen, damit sie Möglichkeiten der Unterbringung und der medizinischen Versorgung zur Verfügung stellen können.

Mit einer persönlichen Erklärung, die ich beim Bundestagspräsidium abgegeben habe, bringe ich meine Kritik an der Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten zum Ausdruck. Dem Gesetz stimme ich aufgrund der Koalitionsvereinbarung und wegen seiner Regelungen zum Arbeitsmarktzugang dennoch zu.

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