Reformprozess zum SGB VIII: Zeit nutzen und nacharbeiten

16. März 2017

Rund 40 Vertreter der bayerischen Wohlfahrtsverbände waren der Einladung der Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr zur Fachkonferenz "Quo Vadis Jugendhilfe" über die geplanten Änderungen am Achten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) gefolgt.

Bahr ist Mitglied im Familienausschuss des Deutschen Bundestags und stellvertretende Vorsitzende der „Unabhängigen Ombudsstelle für die Kinder- und Jugendhilfe in Bayern“.Fachvorträge und ein „World Café“, bei dem die Teilnehmer an Tischen Detailfragen erörterten, sorgten für Impulse und boten Gelegenheiten, die eigenen Erfahrungen und Kritikpunkte zu benennen.

„Aktuell ist das SGBVIII durch unbestimmte Rechtsbegriffe und große Ermessensspielräume geprägt. Das führt dazu, dass die Kinder- und Jugendhilfelandschaft im Moment in Deutschland bunt und vielfältig ist. Der Bund möchte daher vereinheitlichen und Standards setzen, um gleiche Lebensverhältnisse in Deutschland zu gewährleisten“, erläuterte MdB Ulrike Bahr in ihrem einführenden Referat.

Im Verlauf der Fachkonferenz wurde unter anderem diskutiert: Welche Aufgaben sollen Ombudsstellen in Zukunft übernehmen? Nur Konfliktklärung oder auch Schlichtung? Inklusion gehe weit darüber hinaus, rollstuhlgerechte Gebäude zu bauen, waren sich die Teilnehmer einig, denn Inklusion sei eine Haltungsfrage. Welche Rechte sollen Eltern bekommen? Werden bei der Hilfeplanung die Rechte der Leistungsempfänger beschnitten? Auch die Inklusion von jungen Geflüchteten und die Sozialraumorientierung wurden intensiv diskutiert. „Weil das SGB VIII sehr viele sozialethische Fragen berührt, ist es im Grunde ein gesamtgesellschaftliches Thema, das über ein Gesetz weit hinaus reicht“, sagte die Münchner Sozialpädagogin und Qualitätsmanagerin Barbara Klamt, die die Veranstaltung ehrenamtlich moderierte.

„Eine Fachkonferenz wie die heutige ist enorm wichtig. Wir befinden uns in einem laufenden Reformprozess, den müssen wir unbedingt diskursiv begleiten. Das passiert noch viel zu wenig. Wenn in Person von Ulrike Bahr auch noch die Politik mit dabei ist, dann ist das besonders wertvoll, da will ich sie ausdrücklich für ihr Engagement loben“, sagte Dr. Christian Lüders vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Die Vorsitzende der Ombudsstelle für die Kinder- und Jugendhilfe Bayern, Beate Frank, sagte: „Für junge Menschen und ihre Familien ist von existenzieller Bedeutung, was nun in das Gesetz geschrieben wird. Die heutige Veranstaltung und die vielen unterschiedlichen Stellungnahmen haben gezeigt, dass der Prozess erst angefangen hat. Das Thema ist so komplex, dass man auf jeden Fall noch Zeit braucht“. Professor Dr. Reinhard Wiesner aus Berlin resümierte: „Ich finde es vorbildlich, dass wir heute so offen und kritisch diskutieren konnten. Es hat sich gezeigt, dass viele Fragen ungeklärt sind und es noch Regelungsbedarf gibt. Wir sollten die Zeit nutzen und da noch nacharbeiten“. Vielfach wurde der Wunsch geäußert, im Herbst 2017 eine weitere Fachkonferenz stattfinden zu lassen.

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