Zweierlei Maß für Raumnutzungen an der Uni Augsburg? Offener Brief

25. Juli 2017

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Doering-Manteuffel,

vergangene Woche, am 21. Juli, hat der FPD-Vorsitzende Christian Lindner in der Uni Augsburg gesprochen. In dem Artikel von Alexander Rupflin wird die Veranstaltung, in der Lindner über die deutsche Gründerkultur sprechen sollte, folgendermaßen beschrieben: „In der anschließenden offenen Fragerunde verlangen die Zuhörer dann von Lindner vor allem Stellungnahme zum aktuellen Wahlprogramm der FDP. So hechtet Lindner in zwanzig Minuten von Europa- und Außenpolitik zu Wirtschaftsfragen, Datenschutz und Steuerrecht. ...“. (Augsburger Allgemeine Online, 21. Juli). Dies überrascht mich nicht. Denn wir befinden uns mitten im Wahlkampf, da ist zu erwarten, dass Zuhörer eines Politikers Fragen zum Wahlprogramm stellen und dass der Politiker dann die Gunst der Stunde nutzt, diese auch zu beantworten.

Im Mai dieses Jahres hatte die Juso Hochschulgruppe (Juso-HSG) im Rahmen der Europawoche die Veranstaltung „Mehr Europa wagen“ mit mir und der Europa-Abgeordneten Maria Noichl in einem Raum der Universität Augsburg abhalten wollen, dies wurde damals schriftlich von Seiten der Uni „aus grundsätzlichen Gründen“ abgelehnt. Mündlich hieß es laut einem Vertreter der HSG von Seiten der Unileitung, man sehe die geplante Diskussion als Parteiveranstaltung und wolle eine solche nicht an der Uni haben. Auch der Verweis auf einen Auftritt des CSU Europaabgeordneten Markus Ferber half da nicht, das sei eher ein Versehen gewesen, … Die Universität Augsburg als öffentliche Einrichtung trägt den Schein vor sich her, dass Wissenschaft immer neutral und nur ihren wissenschaftlichen Prinzipien unterworfen sei. Jedoch existiert Wissenschaft nicht im politikfreien Raum. Mit ihrer Ausbildung und Forschung nimmt sie immer auch Stellung, ist wesentlicher Bestandteil des politischen Lebens. Deswegen ist es auch gut und richtig, wenn auch an der Universität die politische Auseinandersetzung zwischen Politik und Wissenschaft geführt wird, der Streit um Überzeugungen und Argumente stattfindet.

Ich stelle also fest, dass in Ihrem Haus mit zweierlei Maß gemessen wird, anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie eine Veranstaltung mit dem FDP-Vorsitzenden 9 Wochen vor der Wahl genehmigen, eine Veranstaltung der Juso-Hochschulgruppe 16 Wochen vor der Wahl aber ablehnen. Eine Universität ist nicht nur Bestandteil der politischen Auseinandersetzung, sondern hier betreibt die Universitätsleitung Augsburg selbst Parteipolitik und lässt nur diejenigen Parteien reden, die ihr genehm sind.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Bahr, MdB

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